Der erste Lehrer
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Heinrich Sauer - ab 1985

Ehrenbürger Heinrich Sauer, Ettlingen

Heimatforscher Oberstudienrat Heinrich Sauer * 30.11.1905 + 07.02.1991



Unser Höpfinger Heimatforscher

„Der ist in tiefster Seele treu,
Wer die Heimat liebt wie du"
(v. Theodor Fontäne in „Archibald Douglas")

Große Liebe und Dankbarkeit zum Elternhaus, enge Bande mit lieben Menschen aus seinem Geburtsort und tiefe Verbundenheit zu Geschichte und Gegenwart seiner Heimatgemeinde Höpfingen ließen in Heinrich Sauer schon früh das wachsen und reifen, was er in jahrzehntelanger historischer Forscherarbeit seinem geliebten Heimatort hinterlassen hat. Heinrich Sauer hat, wie keiner der Söhne Höpfingens zuvor, die Ortsgeschichte ausgelotet. Unzähliges Material trug er von früher Jugend an in minuziöser Kleinarbeit aus verschiedenen Archiven zusammen, sichtete, analysierte und ordnete es in ganzheitlichen Zusammenhängen. In vielen Veröffentlichungen und Vorträgen brachte er seine Forscherarbeit einer breiten interessierten Öffentlichkeit nahe.

Durch seinen Forschergeist schuf Heinrich Sauer ein stolzes Lebenswerk, das Geschichte und Lebensart der Bewohner seiner geliebten Heimatgemeinde erhellte und die Gegenwart dadurch auf gesicherte historische Fundamente stellte. Heinrich Sauer bringt den heutigen und nachfolgenden Generationen ins Bewußtsein, was Leben und Wirken der Ahnen beeinflusste und bestimmte. Als Historiker und Germanist verstand er es vorzüglich, die örtlichen Begebenheiten der nachweisbaren Vergangenheit in einem regionalen und auch einem ganzheitlichen historischen Zusammenhang darzustellen. An konkreten örtlichen Lebensbereichen veranschaulichte er, wie die großen zeit- und weltbestimmenden Kräfte der Jahrhunderte auch die Verhältnisse einer dörflichen Gemeinschaft nachhaltig und richtungsweisend prägten.



Jugend und beruflicher Werdegang

Am 30. November 1905 wurde Heinrich Sauer geboren. Beide Eltern entstammen alteingesessenen Familien im Ort. Sein Vater war Franz Sauer, gelernter Steinmetz und Architekt, dem die Bauleitung (Hausname „Bauführers") der jetzigen Ortskirche übertragen wurde (1906-1908); zuvor arbeitete er als Polier (Vorarbeiter, Aufseher) in den Steinbrüchen. Seine Mutter war Sophie geb. Eiermann; sie war die erste Maierin der Höpfinger Milchgenossenschaft. Sophies Vater war Johann Ludwig Eiermann, bekannt als Mitbegründer und 1. Vorsitzender des ältesten örtlichen Vereins, des Männergesangvereins, im Jahre 1861. Er war auch Motor der Gründung des Molkereiverbandes und auch ihr erster Rechner. Im Jahre 1911 kandidierte Johann Ludwig Eiermann als Bürgermeister, verlor aber gegen seinen Mitkandidaten, Stephan Kaiser, Ziegeleibesitzer.

Wie man aus Erzählungen und Äußerungen des Heimatforschers Heinrich Sauer entnehmen konnte, stand er in einem innigen und herzlichen Verhältnis zu seiner Mutter Sophie; sie war auch besonders nach dem frühen Tod ihres Gatten (1911) die ordnende und bestimmende Kraft in der Familie.

Mitten im 5. Schuljahr wechselte der junge Heinrich auf die Höhere Bürgerschule mit Realschullehrplan in Walldürn, wo er vier Jahre bis zur Untertertia blieb. In den Jahren 1919-1920 wurde er zusätzlich von seinem verehrten Ortspfarrer Pfenning in den Fächern Latein und Griechisch unterrichtet, so dass er 1920 ohne Schwierigkeiten nach einer Aufnahmeprüfung in das Humanistische Gymnasium in Tauberbischofsheim überwechseln konnte. In diesem Erzbischöflichen Konvikt studierte und wohnte er und legte 1925 sein Abitur ab.

Trotz finanzieller Knappheit ließ ihn seine Mutter auf der Universität Heidelberg studieren. Er belegte die Fächer Germanistik, Geschichte und als Nebenfach Französisch. Bereits 1930 legte er sein Staatsexamen ab, zwei Jahre danach sein Assessor-Examen. Doch folgte aufgrund des Lehrerüberhanges nicht gleich die dienstliche Anstellung. Im Jahre 1933 wurde er zunächst in Überlingen fest angestellt; es folgten Karlsruhe, Lahr, Heidelberg und von 1937-1940 Ettlingen, wo er seine spätere Gattin, die ebenfalls Lehrerin war, kennenlernte und heiratete. Der Ehe entsprossen vier Kinder, zwei Mädchen und zwei Buben, allesamt in akademischen Berufen tätig; ein Sohn ist Geistlicher.
Ab 1940 wurde er in heimatliche Gefilde, nach Buchen, versetzt, wo er bis 1945 blieb. Wegen der bloßen Parteizugehörigkeit im 3. Reich musste er, wie viele seiner Kollegen, nach dem Zusammenbruch zwei Jahre auf seine Wiedereinstellung als Lehrer warten, obwohl er zur Ideologie des 3. Reiches von Anfang an ein auch in der Öffentlichkeit bekundetes distanziertes und kritisches Verhältnis hatte. Seit 1947 unterrichtete er wiederum am Gymnasium im geschichtsträchtigen, gepflegten Städtchen Ettlingen, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1971 wirkte und mit seiner Gattin in einer schmucken, herrlich gelegenen Wohnung im Zentrum der Stadt lebte. Von hier aus nahm er täglich Anteil am Geschehen seiner Umgebung und der Umwelt. Nach dem Bekunden seiner Gattin ließ er kaum einen Tag aus, um seiner Vorliebe zur Historie, besonders der Heimatgeschichte Höpfingens, zu frönen.



Heinrich Sauer und seine Forschertätigkeit

Sein ihn ständig begleitender, nie zu sättigender Eifer um die Erhellung der örtlichen Geschichte und ihrer Hintergründe trieb ihn unentwegt zu neuem Erforschen. Sein nie erlahmender Forschergeist ließ ihn nicht mehr los, gönnte ihm keinen Müßiggang und hielt ihn geistig jung und leistungsfähig. Es verwundert daher nicht, dass er seine Forschungsergebnisse nicht nur in Mappen, Fächern und Regalen, sondern auch in seinem Kopf, bis in die kleinsten Details, fast computerhaft „archivierte". Dieser Befähigung und Neigung verdankt Höpfingen sein großes historisches Lebenswerk. Heinrich Sauer hat sich damit ein bleibendes Denkmal in seinem Heimatort errichtet, das Zeugnis ablegt für Heimatbewusstsein, Heimatverbundenheit und Heimatliebe.

Schon während Schul- und Studienzeit befasste sich Heinrich Sauer zunächst mit der Erforschung des Stammbaumes der Familie Eiermann (Linie seiner Mutter), dann der Familie Sauer; beide sind nachweislich die ältesten Familiennamen des Ortes, wie Heinrich Sauer selbst nachgewiesen hat (beide seit 1491 belegbar). Als junger Assessor verfaßte er einige Artikel über Höpfingen in der historischen Fachzeitschrift „Wartturm", die in Buchen erschien. So handelte er darin den Ursprung der Grünkerngewinnung in Höpfingen ab, er berichtet über einen See und über den „Herrenwald" und veröffentlichte zahlreiche Sprichwörter, Rätsel und Mundartgedichte aus Höpfingen.

Anläßlich des 100-jährigen Bestehens des Männergesangvereins im Jahre 1961 bereicherte Heinrich Sauer die Festschrift mit seinen historischen Aufzeichnungen über Höpfingen. Beim großen Heimatfest 1966 brachte die Gemeinde eine stattliche Festschrift heraus. Der Großteil der geschichtlichen Abhandlungen stammt aus der Feder von Heinrich Sauer. Am Vorabend des großen Festes mit dem unvergessenen historischen Umzug (Samstag, 23. 7. 1966) hielt Heinrich Sauer eine vielbeachtete Festansprache, bei der er über die Bedeutung des Begriffes „Heimat" referierte. Auf seine Anregung hin wurde dem von ihm verehrten Heimatsohn, Pfarrer Richard Kaiser, der 1900 ein Heimatbuch über die Geschichte der Pfarrei Höpfingen herausgab, eine neue Straße im Höpfinger Neubaugebiet gewidmet, die „Richard-Kaiser-Straße". Seit 1977 stand Heinrich Sauer mit dem Verfasser dieses Artikels (Wendelin Böhrer) in persönlichem Kontakt. Dieser Verbindung verdanken wir die Veröffentlichung einiger historischer Abhandlungen des Heimatforschers in der Tageszeitung, so Berichte über Höpfingens alte Flursteine, über das „Königheimer Höflein" und auch über das nachweisbar älteste Haus des Ortes. Seitdem riss der Kontakt zu Heinrich Sauer nicht mehr ab. Von 1978 bis 1981 hielt Heimatforscher Sauer vier heimatgeschichtliche Vorträge in organisatorischer Zusammenarbeit zwischen der Volkshochschule und dem Heimatverein im jeweils überfüllten Physikraum der Schule. Die Themen dieser Vorträge waren:

1. Zur Geschichte der Höpfinger Familiennamen
2. Einige Höpfinger Flur- und Gassennamen
3. Dienstleistungen Höpfinger Bauern zur Zeit der napoleonischen Kriege
4. Entstehung des Ortsnamens Höpfingen und die örtliche Entwicklung bis ins 19. Jahrhundert

Die inhaltlichen Ausführungen dieser Vorträge finden sich im Buch "Höpfingen - Beiträge zur Heimatgeschichte, Band 1, 1985" auf den Seiten 120 bis 138.
Im Jahre 1983 hielt die Pfarrgemeinde in Verbindung mit dem Patrozinium ein Pfarrfest ab, nachdem die Hauptrenovationsarbeiten in der Kirche abgeschlossen waren. Aus diesem Anlass erschien eine stattliche Festschrift. Den umfangreichen Artikel über Entstehung und Geschichte der Barockkirche von Mitte des 18. Jahrhunderts bis 1906 verfasste auch Heinrich Sauer.

Inzwischen lernten zusammen mit dem Verfasser dieses Berichtes auch andere Höpfinger Bürger in persönlichen Begegnungen und Gesprächen in Höpfingen und in Ettlingen die Forschungsarbeiten Heinrich Sauers und vor allem seine Person und Wesensart näher kennen. Danach fällt die Antwort auf die oft von Höpfingern gestellte Frage, warum Herr Sauer seine profunden, aus Quellenstudien erarbeiteten heimatlichen Forschungsergebnisse nicht in einem Buchband, kompakt gesammelt, veröffentlicht hat, etwas leichter. Wer Heinrich Sauer kannte, weiß auch, dass er nie genug über Sachverhalte erfahren konnte. Diese auf angeborener Bescheidenheit beruhende Grundhaltung Heinrich Sauers ließ ihn nie eine Sache abschließen, ließ ihn nicht ruhen, auf immer wieder neuen Wegen Neues, Unbekanntes, Zusätzliches zu dem bisher Erarbeiteten zu erfahren. Je näher man Heinrich Sauer kennenlernte, desto mehr gewann man den Eindruck, dass er von einem nie zufriedenstellenden Forschergeist, dem faustischen Menschenbild gleich, beseelt war, der ihn immer wieder zwang, tiefer in die Materie einzudringen. Die Weite seiner Kenntnisse und Fähigkeiten, seine Sensibilität im Umgang zu Mitmenschen, bewegt und ermunterte alle, die seinen Rat suchten und wünschten.

Bewältigung großer Lebenserfahrung, Verlässlichkeit und Takt charakterisierten seine besonnene und ausgewogene menschliche Art. Sein Lebens- und auch seinen Erziehungsstil als Lehrer und Mensch ließ er an seinem Handeln, an seiner Existenz, transparent werden.

Anlässich seines 80. Geburtstages am 30. 11. 1985 wurde ihm die Ehrenbürgerschaft der Gemeinde Höpfingen verliehen. Die Feier fand am 26. 4. 1986 im Pfarrsaal statt.
Am 07.02.1991 verstarb Heinrich Sauer in Ettlingen.